Cicero führte die Diskussion des Rechtsbegriffes zu der Erkenntnis der Selbstbezogenheit des sittlich Guten. In der Perspektive, dass das Gute um seiner selbst willen zu erstreben sei, liegt die Freiheit des Geistes in der Unabhängigkeit von äußeren Beweggründen.
Das Handeln kann sich darstellen als Abfolge von Absicht und Mittel. Wenn ein Mittel zur Erreichung eines Zieles verwendet wird, so liegt das Motiv außerhalb dieses Mittels. Diese Beziehung besteht aber dann in Fragen des sittlich Guten nicht: Das sittlich Gute ist kein Instrument, um ein außer ihm sich befindliches Ziel zu erreichen. Das sittlich Gute ist immer und grundsätzlich Absicht seiner selbst.
Dieses sittlich Gute manifestiert sich im Leben der Menschen in verschiedenen Formen. Dazu gehören für Cicero das Recht, die Gerechtigkeit, aber auch die anderen Tugenden. Es folgt daher, dass die Gerechtigkeit niemals nach einen Lohn erwartet: „Folglich strebt auch die Gerechtigkeit keinesfalls nach einem Gewinn (…)“ (Leg I, 55).
Dies führt Cicero zu dem Gedanken, wenn diese Tugenden oder das sittlich Gute um anderer Zwecke willen anstreben würde, diese eben noch besser sein müssten als die Tugend und das sittlich Gute. Was wäre jedoch besser: „(…) Geld, öffentliche Ämter, Schönheit oder Gesundheit?“ (Vgl. Leg I, 57). Dies ist prinzipiell nicht möglich, woraus dann der besondere Status des sittlich Guten folgt.
Nun beteiligen sich Quintus und Atticus wieder am Gespräch. Quintus erwähnt, dass er Cicero bei diesen Gedanken gerne folgt. Cicero räumt ein, dass sie zum höchsten Gut kommen würde, über dessen Verwirklichung einmal zu sprechen sei. Viele Philosophen hätten darüber gestritten, aber bemerkenswerterweise gab es nur einen Punkt, bei denen Redner aus der alten Akademie Platons und Zenon voneinander abwichen. Die Vertreter der alten Akademie hielten alles aus der Natur für gut, während Zenon nur das Sittliche für Gut erachtete. Cicero hält jedoch diese Auseinandersetzung für lösbar, da sie scheinbar nur auf einem sprachlichen Missverständnis beruhen würde. Cicero erinnert an das Denken von Sokrates. Es geht um Gesetz und eine Ordnung für die Lebensführung. Die Lehre vom richtigen Leben ist aus dem Gesetz abzuleiten. Cicero lobt die Weisheit, besonders ihre wissenschaftliche Form, die Philosophie:
„(…) die unsterblichen Götter haben dem Leben der Menschen nichts geschenkt, was fruchtbarer, blühender und hervorragender ist als die Philosophie.“ (Leg I, 65).
Die Beschäftigung mit der Philosophie war für Cicero stets eine Bereicherung, sie half ihm im politischen Leben für die Römische Republik einzutreten, sie motivierte ihn als zoon politikon, sie stärkte ihm das Bewusstsein für die Freundschaft und in ihr fand er das Gute als Idee der sittlichen Verfassung. Es geht um die Erkenntnis des Göttlichen im Geiste des Menschen, aus dem heraus der Mensch vernünftig handelt. Die Seele erkennt sich in ihrem göttlichen Grund selbst, damit wird der Mensch selbst zum Göttlichen erhoben. Aus dieser Erkenntnis erwächst dann sein Glück, das eben nicht den Launen eines nur zufälligen Leben ausgesetzt ist, sondern das in der Seele erlangt werden kann. Mit diesem Blick des Geistes erlangt der Mensch die Erkenntnis des Guten:
„(…) was kann man noch nennen oder denken, das glücklicher wäre als diese Seele?“ (Leg I, 67).
Dieser offene und ungetrübte Blick richtet sich nicht nur nach innen, sondern auch in die Welt, er erblickt „(…)Gott selbst, der dies alles lenkt und regiert, fast berührt (…)“ (Leg I, 67).
Cicero konnte die Philosophie nicht übergehen, da ihr seine Liebe gilt und sie ihm zu dem gemacht habe, wer er sei.
