Am 07. Dezember 43 v. Chr wurde der römische Staatsmann, Anwalt und Philosoph Marcus Tullius Cicero, vor den Horden des Marc Antonius fliehend, ermordet. Mit ihm ging ebenfalls die Gesellschaftsordnung der Römischen Republik zugrunde. Von Gaius Iulius Caesar initiiert, verdrängte die Monarchie als Verfassungsform die republikanische Mischverfassung des mos maiorum, der altehrwürdigen Gebräuche.

Damit endete das Zeitalter der Römischen Bürgerkriege, von Tiberius und Gaius Gracchus ausgehend, über Sulla, dem ersten und zweiten Triumvirat.  Die Republik hatte die klügsten und mutigsten Verteidiger, doch Marcus Porcius Cato beging angesichts einer willkürlichen Diktatur Caesars bereits 46 v. Chr Selbstmord. Als ehrlos empfand dieser Mann die Demütigung von Caesar begnadigt zu werden. Cicero hingegen, zwischen Prinzipientreue und dem Mittelweg der Anpassung schwankend, entschied sich im Bürgerkrieg für die Senatspartei, damit gegen Caesar. Auch er empfand den anschließenden Sieg Caesars als niederschmetternde Schmähung aller aufrechten Bürger. Seine Antwort war der politische Rückzug. Eine ungemein produktive Zeit des philosophischen Nachdenkens begann für ihn. In einer früheren Zeit der politischen Isolation entstanden bereits die Schriften über den Staat und die Gesetze. Eine große, unruhige Seele fand somit eine andere Form, sich der Welt mitzuteilen.

Nach der Ermordung Caesars an den Iden des März 44 v. Chr. keimte Hoffnung in Cicero und den republikanischen Anhängern auf. Doch ein neuer Bürgerkrieg brach aus. Zunächst schien die Sache der Caesar-Anhänger erledigt, jedoch bildete sich aus machtpolitischen Gründen ein neues Triumvirat. Denn zu groß war der Einfluss der Caesar-Anhänger. Sie warteten auf die Gunst der Stunde und fanden in Octavius, Marc Antonius und Lepidus bereitwillige Helfer. Damit wurde Cicero als republikanischer Vertreter einer auf Ausgleich und Versöhnung basierenden Mischverfassung aller gesellschaftlichen Akteure zum Hauptgegner des Triumvirats. Ihm, der sich stets den Gefahren seines politischen Engagements stellte, blieb keine Zeit mehr zur Flucht. Cicero, nach der Entdeckung und Unterdrückung der Aufstandspläne Catilinas 63 v. Chr. zum pater patriae ernannt, wurde verfolgt und ermordet. Er hatte sich selbst den größten Aufgaben gestellt, als Mensch verzweifelnd an der Ungunst der Zeit, oftmals vertrieben aus dem geliebten Rom, in Zeiten der Ängste von der Kraft der Philosophie getragen und auch um sein Andenken in der Nachwelt besorgt. Der größte Staatsmann seiner Zeit konnte die Römische Republik nicht mehr retten, doch seine philosophischen Gedanken und staatspolitischen Anliegen sind davon nicht betroffen.

Er war gewiss zunächst Staatsmann, zoon politikon im besten Sinne, aber seine Beschäftigung mit der Philosophie war umfassender als es scheinen mag. Viele seiner philosophischen Gedanken waren nicht neu, aber sie wurden vorher kaum mit der Klarheit, dem Mut und der Deutlichkeit eines Marcus Tullius Cicero ausgesprochen.

In seiner Römischen Geschichte schrieb der Historiker Vellius Paterculus: „Cicero lebt und wird leben im Gedächtnis aller Zeiten. Solange diese Welt besteht – mag sie durch Zufall, durch göttliche Vorsehung oder auf welchem Wege auch immer entstanden sein – diese Welt, die er sozusagen als einziger Römer im Geist geschaut, mit seinem Verstand umfaßt und durch seine Redegabe erhellt hat, so lange wird sie auf ihrem Wege durch die Zeit vom Ruhme Ciceros begleitet werden.“

Diese Worte hätten Cicero sehr gefallen. Es war nicht vergebens.

Marcus Tullius Cicero

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