Der Blick in die Geschichte ist ein Blick zurück in die Vergangenheit. Unzählige Ereignisse, viele heitere, oftmals traurige oder dramatische Geschehen bilden daher den Gegenstand dieses Faches. An einigen Punkten schlug die Entwicklung der Menschheit oder die eines Staates eine neue Richtung ein, Revolutionen lösten alte Strukturen auf und ersetzten sie durch neue Ideen. Keine Idee hat jedoch bislang einen neuen Menschen geschaffen. Es kann als kleiner Fortschritt betrachtet werden, dass mit dem Rechts- und Verfassungsstaat der Neuzeit die Neigung der Machtkonzentration der Herrschenden normativ begrenzt und die Rechtsgleichheit aller Menschen erreicht wurde. Doch die Neigung, Macht auszuüben, bleibt eine soziale Grundkonstante.

Eine pessimistische Darstellung des Geschehens wird daher die Bedeutung der Macht betonen. Diese pragmatische, aber durch das wirkliche Geschehen auch oftmals bestätigte Weltsicht ist also durchaus berechtigt, sie erklärt innerhalb ihres Geltungsbereiches viele Phänomene. Aber eben nicht alle, denn in der Geschichte äußern sich ebenfalls Ideen und Prinzipien. Sie motivieren Menschen in ihrem Tun. Oftmals wird zwar aus Eigeninteresse gehandelt oder unterlassen, nicht selten jedoch auch aus der inneren Zugehörigkeit zu Ideen. Ideen mögen daher nicht so wirkungslos sein, wie eine erste Vermutung ahnen lässt.

Die Erkenntnis, dass Menschen aus Gründen des Eigeninteresses gehandelt haben, ist die Grundlage der realistischen Geschichte. Zu ihr gehört auch die sich anschließende Einsicht, dass sich die Menschen als Handelnde eben nur kaum oder nur zeitweilig geändert haben. Der idealistische Appell an eine aufgeklärte Sicht des Menschen, er müsse sich nur ändern, war bestenfalls gutgläubig, oftmals auch irreführend. Aber ebenso zeigt sich die Neigung des Menschen, Freiheit zu suchen, wo sie nicht herrscht, und Freiheit zu vernachlässigen, wenn sie zur Gewohnheit wird. Der Blick in die Vergangenheit wird dann auch zur Begegnung mit unserer eigenen Gegenwart. Es sind nicht mehr die Götter, deren Konflikte wir begegnen. Aber die Kräfte, die den Göttern zugeschrieben wurden, sie bleiben.

In vielen utopischen Romanen wurde im Sinne eines Fortschrittsglaubens versucht, die Geschichte zu verändern, dadurch dass der Mensch zur gemeinschaftlichen und individuellen Verbesserung aufgerufen wurde. Doch aus der guten Absicht erwuchs größeres Unheil. Die Prophezeiungen des irdischen Glücks blendeten den egoistischen Grundcharakter des Menschen aus. Auch darüber klärt uns die Geschichte auf. Die Dystopien verdrängten so die Utopien. Doch in der Geschichte tritt auch das Gute auf: indirekter und leiser, motiviert von den Ideen der Freiheit. Die Zeiten des Friedens sind weniger aufregend und sie verblassen vor dem Hintergrund des Negativen. Dennoch sind sie es, was unser tiefes Interesse anzieht. Was also bewirkte das Gute? Philosophische Diskussionen, kultureller Austausch und Neugierde? Und auch die Wiederentdeckung alter Weisheiten vergangener Zeiten? Auch dies kann der geschichtliche Blick zeigen und die Gegenwart bereichern. So begegnen sich dann Geschichte und Philosophie. Die erste klärte die letzte Disziplin über die wirklichen Verhältnisse auf, aber die Philosophie hält die Hoffnung hoch.

Gedanken über die Geschichte

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